Geschäftsleute fürchten, dass das Webportal Yelp ihren Ruf beschädigt. Denn Top-Bewertungen auf Qype scheinen zu verschwinden, seit Yelp die Plattform übernommen hat. Gewerbetreibende wollen klagen.

Gewerbetreibende sind sauer auf die Internet-Plattform Yelp. Das Bewertungsportal für Geschäfte, das im Oktober 2012 seinen deutschen Mitbewerber Qype für 50 Millionen US-Dollar gekauft hatte, lässt alte Qype-Bewertungen aus den Profilen verschwinden – zumindest auf den ersten Blick. Geschäftsleute, die bei Qype Top-Bewertungen hatten, fühlen sich betrogen und fürchten um ihre Existenz.

Zum Beispiel Enrico Farkas und Michael Manthei, die an der Nürnberger Straße einen Friseursalon betreiben. „Wir hatten bei Qype ein ziemlich gutes Ranking, doch fast alle positiven Bewertungen sind rausgefallen“, sagt Manthei. „Von 30 Bewertungen – davon 27 mit fünf Sternen und eine mit vier – wurden 28 als ,nicht empfohlen’ ausgefiltert und übrig blieben die zwei schlechtesten Bewertungen“, sagt sein Geschäftspartner Farkas.

Für die Google-Suche ist das aus Sicht der Geschäftsleute fatal: Wer ihren Namen bei der Suchmaschine eingibt, findet an erster Stelle die Website des Salons, an zweiter Stelle den Link zum Yelp-Profil der Friseure. Dort erhielt der Salon am Dienstag nur noch zweieinhalb von fünf möglichen Sternen (am Mittwoch dreieinhalb). Seit Qype abgeschaltet wurde, bleiben Kunden weg. „Wir merken einen massiven Einbruch“, sagt Farkas. Wenn es so weitergehe, müsse er Angestellte entlassen.

Geschäftsleute verbünden sich auf Facebook

Farkas ist nicht allein. Er gehört zu den drei Initiatoren der Facebook-Gruppe „Yelp Skandal“. Dort machen Gewerbetreibende ihrem Ärger Luft – darunter zahlreiche aus Berlin. Andere haben das Blog „Existenzgefährdung durch Yelp“ gestartet, um sich Gehör zu verschaffen. Selbst im Forum des Bewertungsportals schimpfen Handwerker, Händler und Wirte mit ähnlichem Tenor: Empörung. Und Ärger über die Kommunikationspraxis des Bewertungsportals.

Yelp ist tatsächlich nicht sehr kommunikativ. Die Sprecherin des US-Unternehmens verschanzt sich hinter einer E-Mail-Adresse. Keine Reaktion auf den Wunsch nach einem Telefongespräch. Die E-Mail Signatur enthält nur eine Fax-Nummer mit Hamburger Vorwahl. Immerhin schickt die Sprecherin eine Stellungnahme des europäischen Pressechefs von Yelp und einen Link zu einem Erklärvideo.

Jede vierte Bewertung wird als Spam erkannt

Erkenntnis Nummer eins: Die Nutzerkommentare auf Yelp werden von einer Software automatisch ausgewählt. Sprecher Elliot Adams erklärt dazu, rund 75 Prozent der Kommentare, die Yelp erreichen, würden hervorgehoben. „Die anderen 25 Prozent wurden als Spam oder Fakes erkannt oder kommen von Leuten, über die wir sehr wenig wissen oder bei denen unserer Meinung nach ein Interessenkonflikt bestehen könnte – etwa die Geschäftsinhaber selbst, ihre Freunde und Familienangehörigen, die Beiträge schreiben“, erklärt Adams.

Erkenntnis Nummer zwei: Die Bewertungen sind nicht – wie bei Qype – statisch, sondern ständig im Fluss. Eine Top-Bewertung von heute kann morgen verschwunden sein – eine schlechte ebenfalls. Auch das erledigt der geheime Algorithmus von Yelp, der sich nach Angaben des Unternehmens weder manipulieren noch durch Geldzahlungen im Sinne einer Premiummitgliedschaft positiv beeinflussen lässt.

Jeden Monat 117 Millionen Besucher auf Yelp

Erkenntnis Nummer drei: „Es gibt einige grundlegende Unterschiede zwischen der Art und Weise, wie beiden Unternehmen Inhalte bezogen und verwaltet haben“, lässt Adams mitteilen und räumt ein, das habe zu „gewissen Missverständnissen“ geführt. Damit meint Yelp die Zuverlässigkeit der Kommentare.

„Qype hatte die Geschäftsinhaber aktiv darum gebeten, andere zu ermutigen, über ihr Geschäft Bewertungen zu schreiben“, so Adams. Bei Yelp ist das verpönt. Deshalb verschwindet verdächtige Beiträge in der „Nicht empfohlen"-Sektion des Geschäftseintrages und haben keinen Einfluss auf das Sterne-Rating. „Yelp hat mehr als 117 Millionen Unique Visitors pro Monat. Alle von ihnen kommen zu Yelp, weil sie Yelp vertrauen“, schreibt Adams.

Geschäftsleute wollen US-Unternehmen Yelp verklagen

„Wir waren Premiumkunden von Yelp und haben fristlos gekündigt. Wir wollen auf der Seite nicht mehr gezeigt werden“, sagt Farkas. Doch das ist leichter gesagt als getan. Die Unternehmenseinträge stammen nach Informationen auf der Seite aus offiziellen Verzeichnissen. Die Löschung eines Unternehmens macht zudem wenig Sinn, denn jeder Yelp-Nutzer könnte einen neuen Eintrag anlegen.

Die Friseure aus der Nürnberger Straße wollen Yelp jetzt auf Unterlassung verklagen. „Das Unternehmen ruiniert unseren Ruf“, sagt Farkas. Die alten Qype-Beiträge seien ehrlich erarbeitet. Auch der Friedrichshainer Fahrradhändler Daniel Högerle, der von fünf Qype- auf einen Yelp-Stern abgestürzt ist, plant eine Klage, „denn löschen kann man das Profil ja leider auch nicht, um einen größeren Schaden am Unternehmen zu verhindern.“

Internetjurist fordert mehr Transparenz

Der Kölner Internetrechtler Christian Solmecke macht den Gewerbetreibenden Mut. Er schreibt in seinem Blog: „Grundsätzlich hat Yelp zwar das Recht selbst zu entscheiden, welche Bewertungen gefiltert werden und welche nicht. Allerdings darf Yelp dabei nicht willkürlich handeln und ohne erkennbares System Bewertungen löschen oder gar vorsätzlich positive Bewertungen herausfiltern.“ Er mahnt eine „Filterung nach allgemeinen Kriterien“ an. Dem Grunde nach komme die verzerrte negative Darstellung eines Unternehmens einer unwahren Tatsachenbehauptung gleich, so Solmecke.

Yelp jedenfalls freut sich auf die weitere Entwicklung und Expansion des Unternehmens in Deutschland. „Mit dem Abschluss der Datenmigration von Qype zu Yelp haben wir eine riesige Aufgabe geschafft“, findet der Sprecher. Die betroffenen Gewerbetreibenden dürften das anders sehen.

Ihnen bleibt es, für Reputation im Internet zu sorgen. Aber nicht so plump, wie das mitunter auf Qype passierte, sollten die Beiträge sein. Dann werden die Kommentare auch den automatischen Filter ungehindert passieren.